Berlin – die Stadt, die niemals schläft, ist ein Mosaik aus Gesichtern und Geschichten. Hier, wo die Hintergründe der Menschen so bunt sind wie die Graffiti an den Wänden, begegnen sich Talente und Größen. Es ist ein Ort, an dem jeder seinen Platz findet, sei er Künstler oder Träumer, Verlierer oder Gewinner.
Die Stadt ruft eine Vielzahl von Emotionen hervor und verwandelt sie in einen lebendigen Teppich aus Erfahrungen und Geschichten. In ihren Straßen und Plätzen wird die Essenz des Lebens spürbar – die Höhen und Tiefen, die Freude und der Schmerz, die Liebe und der Verlust. Berlin ist mehr als nur ein geografischer Raum; es ist ein Lebensgefühl, das tief in den Herzen seiner Bewohner verankert ist und die Seele der Stadt ausmacht.
Musik spielt in Berlin eine zentrale Rolle, und die kulturellen Highlights sind so vielfältig wie die Stadt selbst. Ob klassische Konzerte in der Staatsoper, Rock- und Pop-Events in der Waldbühne oder experimentelle Klänge im Silent Green – hier findet jeder die Melodien, die seine Seele ansprechen. Die Kunstszene ist lebendig und dynamisch, mit Ausstellungen und Performances, die zum Nachdenken anregen und inspirieren.
Ob die Meisterwerke vergangener Epochen in der Nationalgalerie, zeitgenössische Kunst und Raum für neue Perspektiven im Boros Bunker, Fotografie und visuelle Medien im C/O Berlin oder verschiedene Ausstellungen nahezu unbekannter Künstler in den kleinen Galerien im Wedding – die Vielfalt Berlins zeigt sich in jedem Winkel. Diese Orte sind nicht nur Ausstellungsräume, sondern auch Begegnungsstätten.
Nach einem Besuch der Staatsoper führt der Weg unweigerlich in die letzte Kascheme. Dort, an diesem geheimnisvollen Ort, wo die Nacht ihre letzten Geheimnisse preisgibt und alles, was die Stadt in ihren Straßen zurückgelassen hat, zusammengetragen wird, entfaltet sich eine bemerkenswerte Gleichheit unter den Menschen. Hier zählt der Einzelne nicht mehr; jeder ist sowohl jemand als auch niemand. Diese Atmosphäre der Anonymität schafft Raum für das wahre Leben, für die ungeschminkte Realität, die Berlin ausmacht.
Helmut Newton, als waschechter Berliner, fügt sich nahtlos in das Bild der Stadt ein, das von Vielfalt, Kreativität und einer gewissen rauen Eleganz geprägt ist. Geboren 1932 als Helmut Neustädter in Berlin, war er ein Kind dieser Stadt, die ihn mit ihrer Energie und ihrem unkonventionellen Geist prägte. Seine Fotografien, oft provokant und erotisch, spiegeln die Komplexität und den Widerspruch wider, die Berlin ausmachen.
Aufgewachsen im kulturell vielfältigen Stadtteil Schöneberg, prägten die Straßen und Menschen dieser Stadt seine frühen Jahre. Mit einer kleinen Boxkamera machte er seine ersten Bilder und vom ersten Film war nur ein Bild richtig belichtet – der Berliner Funkturm. Bis 1936 besuchte er ein Gymnasium in Berlin, brach jedoch bald ab, um seiner wahren Leidenschaft, der Fotografie, nachzugehen.
Seine Ausbildung bei der renommierten Fotografin Yva öffnete ihm Türen zur Kunst, doch die Schatten der Geschichte holten ihn ein. Am 5. Dezember 1938 floh er vor den Nationalsozialisten, ein Schritt, der ihn in die Welt hinausführte, aber die Verbindung zu seiner Heimat dennoch nie ganz abreißen ließ. Er ging nach Singapur und war dort als Fotograf für die "Singapore Straits Times" tätig. Newton verbrachte viele Jahre im Exil, bereiste Länder wie Australien, England, die USA und Frankreich, bevor er 1977 wieder regelmäßig den Weg in seine Geburtsstadt fand.
In Berlin entstanden eindrucksvolle Bildserien für namhafte Magazine, die Mode und Lifestyle miteinander verbanden, darunter Constanze, Adam und Vogue. Sein eigenes Magazin, Helmut Newton’s Illustrated, war ein weiteres Zeugnis seines künstlerischen Schaffens.
Im Jahr 1979 erhielt Newton von der noch jungen Vogue den Auftrag, Berlin durch die Linse der Mode zu betrachten. Sein Werk verband nostalgische Erinnerungen an die Stadt mit dem Zeitgeist der Modewelt. „Berlin, Berlin!“ entwickelte sich nicht nur zu einem ikonischen Teil seines Schaffens, sondern auch zum Titel einer bedeutenden Ausstellung, die das 20-jährige Jubiläum der Helmut Newton Stiftung feiert und die kreative Verbindung zwischen Stadt und Stil herausstellt. Seine Arbeiten sind eine faszinierende Mischung aus provokativer Ästhetik und tiefem gesellschaftlichen Kontext.
Seine Verbindung zu Berlin, der Stadt, die ihn so stark geprägt hatte, wurde durch regelmäßige Besuche in vertrauten Orten wie dem Hotel Savoy, dem Restaurant „Diener“ und der Paris Bar lebendig. Auch das damalige Exil, das jetzige Horváth am Paul-Lincke-Ufer, war so ein Treffpunkt, an dem Künstler wie David Bowie und Helmut Newton ihre Abende verbrachten. Diese Lokale waren kulturelle Treffpunkte, an denen er Inspiration fand und Kontakte zu anderen Künstlern pflegte. Der Wurstmaxe am Kurfürstendamm wurde zum Roomservice, wenn das Hotel schon längst kein Essen mehr anbot und Franz Dieners "Tattersall" in Charlottenburg wurde für Newton zu einem verlängerten Wohnzimmer, in dem er oft seinen Whisky auf Eis genoss und die Gesellschaft weiterer kreativer Köpfe suchte. Noch heute kann man den Diener besuchen und einen illustren Abend mit gutbürgerlicher Küche verbringen.
Das Buch „Berlin, Berlin!“ ist eine eindrucksvolle Erkundung seiner Wurzeln und seiner künstlerischen Entwicklung. Es vereint seine berühmten Fotografien mit zahlreichen unbekannten Aufnahmen, die einen faszinierenden Blick auf das Berliner Leben vom Ende der 1930er bis in die 2000er Jahre werfen. Raus aus dem Savoy und hinein ins pure Leben! Berlin entfaltet sich vor unseren Augen, von schillernden Clubs bis zu einladenden Restaurants. Hier begegnen wir Persönlichkeiten wie David Bowie, Nadja Auermann und John Malkovich. In den Geschichten spiegelt sich der jeweilige Zeitgeist wider, der diese Stadt so einzigartig macht. In den 90er Jahren kamen auch Stadtlandschaften hinzu: Christos Reichstag, die Glienicker Brücke, der Grunewaldsee, die Überreste des Anhalter Bahnhofs – jeder Schritt, jede Begegnung wird zum Erlebnis. Jede Buchseite erzählt eine andere Geschichte. Berliner Atmosphäre, Berliner Flair, wo man nur hinsieht.
Die Gründung einer Stiftung am Bahnhof Zoo durch Helmut Newton im Jahr 2003 markierte einen bedeutenden Moment in seinem Leben und in der Kunstszene Berlins. Dieser Ort war für Newton nicht nur ein symbolischer Rückkehrpunkt, sondern auch der Ort an dem er 65 Jahre zuvor vor dem nationalsozialistischen Regime floh. Das ehemalige Landwehrkasino, das für die Stiftung umgestaltet wurde, diente als museale Plattform für Newtons Erbe und war inspiriert von anderen bedeutenden Sammlungen, wie der von Heinz Berggruen.
Bereits drei Jahre zuvor fand eine umfassende Retrospektive Newtons in der Neuen Nationalgalerie statt – ein Meilenstein, da es die erste Fotografie-Ausstellung in diesem berühmten Bau war. Diese Ausstellung tourte international und festigte Newtons Status als einen der einflussreichsten Fotografen seiner Zeit.
Ein weiteres bemerkenswertes Ereignis war die Auktion seines legendären SUMO-Buchs, das als das größte und teuerste Kunstbuch seiner Zeit galt. Die signierten Exemplare erzielten bei einer Charity-Auktion Rekordpreise und unterstrichen die immense Wertschätzung, die Newtons Werk genoss.
Newtons Werk ist untrennbar mit seiner Zeit in Berlin verbunden. Seine Fotografien, bekannt für provokante und ästhetische Darstellungen, hinterfragten die gesellschaftlichen Normen der Modefotografie und revolutionierten diese. Seine Bilder zeigen Frauen häufig als starke Persönlichkeiten und nicht als passive Objekte, was zu einer veränderten Wahrnehmung von Geschlechterrollen beitrug. Helmut Newton wird als einer der herausragendsten Fotografen seiner Zeit angesehen. Sein Einfluss in der Welt der visuellen Kunst und Fotografie ist bis heute spürbar.
„Berlin, Berlin!“ ist mehr als nur ein Fotobuch, es ist eine Hommage an eine Stadt, die für Newton sowohl Heimat als auch Muse war. Es lädt die Leser ein, in die Atmosphäre und den Geist Berlins einzutauchen, während sie die einzigartigen Perspektiven des Fotografen entdecken.
- Kompaktinfo
Berlin, Berlin
- Autor: von Matthias Harder (Autor), Helmut Newton (Fotograf)
- Verlag: TASCHEN
- ISBN-10: 3754400681
- ISBN-13: 978-3754400685
Fazit
Helmut Newton ist ein bedeutender Fotograf, dessen Werk untrennbar mit seiner Heimatstadt Berlin verbunden ist. Seine Fotografien reflektieren nicht nur die kulturelle Vielfalt und den kreativen Geist der Stadt, sondern auch die gesellschaftlichen Normen und Geschlechterrollen seiner Zeit. Newtons Rückkehr nach Berlin und die Gründung seiner Stiftung am Bahnhof Zoo symbolisieren seine tiefe Verbundenheit mit der Stadt, die ihn geprägt hat. Das Buch „Berlin, Berlin!“ ist eine Hommage an diese Beziehung und bietet einen faszinierenden Einblick in das Berliner Leben über mehrere Jahrzehnte hinweg.- Preis bei Amazon
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